Geld ist nie die Lösung
Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Inhaber von Unternehmen erst dann merken, dass etwas nicht rund läuft, wenn das Geld knapp wird. Kein Geld bedeutet offenkundig stark eingeschränkte Handlungsfähigkeit. Hinzu kommen Symptome wie Existenzangst und Folgekosten wie hohe Zinsen und Inkassogebühren. Geld kann kurzfristig diese Symptome lindern. Die Ursache von Geldnot sind jedoch immer falsche Entscheidungen aufgrund von Fehleinschätzungen des unternehmerischen Wirkungsfeldes. Ganz schnell sind wir da bei der Selbstwahrnehmung des unternehmerischen Entscheiders.
Das Armuts-Bewusstsein
Ich war lange Zeit sehr skeptisch, was den kausalen Zusammenhang von Bewusstsein und Selbstwahrnehmung mit dem Zugriff auf materielle Ressourcen betrifft. Ich war noch sehr stark vom materialistischen (teils auch marxistischen) Weltbild geprägt. Die Vorstellung, dass sich innerer Reichtum direkt (allenfalls etwas zeitverzögert) im äußeren Reichtum spiegelt und es sich mit dem Gegenteil – der Armut – genauso verhalten soll, war mir lange Zeit zu simpel und einseitig selfmade-millionares-like. Dabei wird betont, dass es dabei nicht allein um monetären Reichtum geht, sondern auch um den Reichtum an Liebe, Ausgeglichenheit und seelischer Erfüllung. Trotzdem blieb ich diesem – auch als Gesetzt der Anziehung geläufigen – Erklärungsprinzip skeptisch gesonnen.
Nun habe ich durch meine zahlreichen Unternehmer-Coachings sehr viele Menschen und Lebenssituationen kennen gelernt, die mir dieses Gesetz zu bestätigen scheinen. Geldarmut ist immer nur ein Teilaspekt grundsätzlicher Armut, der sich in allen anderen Lebensbereichen ebenso zeigt: Partnerschaft, Freundschaft und vor allem Gesundheit – psychischer wie physischer.
Entwurzelung als Ursache
So sehr sich die Thesen von Geldcoaches wie T. Harv Eker, Bob Proctor oder Bodo Schäfer in meinen Erfahrungen bestätigen, so ist es jedoch nicht immer ein ausgesprochenes „Armuts-Bewusstsein“, welches zwangsläufig zur Geldnot führt bzw. Glaubenssätze wie „reiche Menschen sind schlecht“ oder „Geld stinkt“. Gerade unter kreativen Freiberuflern ist die Geldnot in einer bedenklichen Entwurzelung zu finden, die intellektuell unter einer falschen (weil konstruierten) Bodenständigkeit getarnt wird. Die Abgehobenheit geht einher mit der Vorstellung, einzigartig wertvoll zu sein, „eigentlich“ zu ganz anderen Tagessätzen arbeiten zu können, was zur Zeit nur gerade nicht geht. Aber man stünde kurz davor. Seit 5 Jahren. Die Folge ist ein Umfeld aus Menschen, die sich in den Bann einer solchen Illusion ziehen lassen, Geld leihen, unbezahlte Praktika (für Monate, manchmal Jahre!) machen. Das Umfeld bestätig durch sein Mittun fatalerweise, dass es jeden Moment bergauf ginge. Die Entsprechung im natürlichen Geldfluss bleibt aus. Ein Geldfluss in Form von Leihgaben oder Zahlungsaufschub ist unnatürlich.
Sehr trügerisch: eingebildeter innerer Reichtum
Anders als Menschen mit offenkundigem Armutsbewusstsein ist die eben beschriebene Kategorie von Unternehmern sich ihrer inneren Armut keinesfalls bewusst. Die Bezeichnung „innere Armut“ ist sogar irreführend, denn sie haben viel. Allerdings kommt es an den verkehrten Stellen zum Tragen. Es ist unproduktiv. Es wird viel Output produziert. Nur eben nicht für einen an den Geldfluss angebundenen Markt. Die Orientierung an einen Pseudo-Markt ist der entscheidende Fehler. Es ist ein Pseudo-Kundenmarkt, weil außer Anerkennung und Versprechen auf mögliche spätere Aufträge nichts gezahlt wird. Es besteht keine zwingende Nachfrage. Dieser Systemfehler wird direkt an einen Pseudo-Beschaffungsmarkt weitergeschaltet: Arbeitsleistung gegen Versprechen auf einen „richtigen“ Job oder eine virtuelle Unternehmensbeteiligung. Unter Unternehmern mit künstlerischem Hintergrund gibt es die Tendenz, sich besonders weit vorn zu sehen, was beratungsresistent macht: Alle Methoden sind schon bekannt, alle Gedanken schon gedacht, alle Fragen längst beantwortet. Das Geschäft läuft trotzdem nicht.
Gibt es eine Lösung?
Klar gibt es eine Lösung. Für alles gibt es eine Lösung. Für die Menschen mit dem Armutsbewusstsein haben alle Erfolgs- und Geldcoaches dieser Welt dieselbe Antwort: „Ersetzt Eure Glaubenssätze von der Schlechtheit des Geldes und der Armutsüberzeugung durch welche, die Euch sagen, Ihr seid reich und Geld ist geil.“ Einfach zu verstehen, einfach nachzuplappern, schon nicht mehr so leicht, das auch wirklich zu glauben. Verdammt schwer sogar. Aber das Prinzip ist einfach zu verstehen: Reich denken, reich handeln und dann kommt durch die empirische Bestätigung auch der Glaube. Und jeder der das praktiziert, weiß, dass das ein harter Weg ist, bei dem 99 % aller, die ihn beginnen, aufgeben, bevor sie Ergebnisse erzielen. Die Hoffnung auf schnell konsumierbare Rezepte steht dem bei jedem von uns vorhandenem Durchhaltevermögen im Weg.
Was sollen die machen, die bereits überzeugt sind, innerlich reich zu sein? Sie müssen als erstes ihre Traumwelt verlassen. Sie müssen ihr Besonderheitsvehikel loslassen, das ihnen (falsches) Selbstwertgefühl vermittelt und lernen, sich zu lieben wie sie sind. Als Mensch. Nicht als konstruierte (Marketing-)Kunstfigur.
Nur Geld ist definitiv keine Lösung, denn es würde nicht nur die innere Armut manifestieren, sondern – noch schlimmer – sie wieder unsichtbar machen.