Unternehmensberater Dr. Christoph Herrmann

Dr. Christoph Herrmann

1. Wie stehen Sie zum Thema „Mitmach-Markenführung“?

Jede gelungene Markenführung ist „Mitmach-Markenführung“, da eine Marke nur am Markt erfolgreich sein kann, wenn der Kunde/die Kundin „mitmacht“ (sprich: die Marke wahrnimmt, wertschätzt, kauft und in seinen jeweiligen Alltagskontexten auch benutzt). Ob man deshalb gleich den Kunden zum Gralshüter seiner Marke machen sollte, ist fraglich. Interaktive Formen der Markenkommunikation sind heute selbstverständlich, die pure Markenanarchie jedoch brandgefährlich. Nicht zuletzt die Mega-Marke Apple beweist, dass ein gehörige Portion Marken-Selbstbewusstsein häufig hilfreicher ist als jedwede falsche Anbiederung an die Massen. Die Menschen wollen Partizipation, auch in wirtschaftlicher und damit markenspezifischer Hinsicht. Gleichzeitig wollen Sie jedoch auch, dass die Marke für etwas steht, Haltung besitzt und sich nicht einfach dem beliebigen Spiel des Marktes (der Konsumenten, Medien, Agenturen) hingibt.

2. Nennen Sie bitte je ein Beispiel für souveräne Markenführung und unsouveräne Markenführung.

Dafür gibt es zahlreiche Beispiele, häufig in einer Marke vereint, so z. B. bei der Marke SMART. Das Produkt- und Markenkonzept des jüngst verstorbenen Erfinders Hayek war von Anfang gleichermaßen stimmig wie konsequent. Leider haben die diversen Kooperationspartner in der Geschichte des SMARTs das Konzept, wenn überhaupt, erst sehr spät verstanden und daher nie wirklich richtig umgesetzt. Das Beispiel zeigt, dass eine Marke im Konzept durchaus gut gedacht sein kann, dann aber in der Umsetzung trotzdem scheitert. Das gleiche gilt natürlich auch umgekehrt, so zum Beispiel bei der ehemaligen Mobilfunk-Marke XELIBRI, mit der sich das Mutterhaus SIEMENS viel Mühe gegeben hat, die aber im Prinzip bereits im Konzept falsch angelegt war.

3. Können sich Marketingmanager nur behaupten, wenn sie sich mit glasklaren Beweisen für den Erfolgsbeitrag des Marketing munitionieren oder sehen Sie noch einen anderen Weg?

Der gestiegene Legitimationsdruck im Marketing ist ein unausweichlicher Trend – zu Recht. Kaum ein anderer Bereich der Unternehmensführung hat in den letzten Jahren so frei und unkritisch mit den eigenen Mitteln umgehen können, wie die Bereiche Marketing, Werbung, Kommunikation. Die Frage ist allerdings, auf welcher Grundlage diese Erfolgsbeweise erbracht werden. In den Legitimations-Arien, die in vielen Konzernen heute stattfinden, siegt häufig der schnelle Kurzfristerfolg über jede nachhaltige Wachstumsstrategie. Manchmal muss man daher auch den Mut beweisen, sich über allzu engstirnige Evaluationsraster hinweg zu setzen. Als etwa Jochen Zeitz die Marke PUMA übernahm, hat er die Marke erst mal aus zahlreichen Schuhhäusern auslisten lassen, zum Nachteil für den kurzfristigen Abverkauf, aber als Basis für die darauf folgende Neuerfindung der Marke und einen daraus resultierenden beachtlichen Wachstumskurs.

4. Wird es in 30 Jahren noch Marken geben oder sind Marken ein Relikt eines ausklingenden Zeitalters von Massenproduktion und Massenmedien?

Wird es in 30 Jahren noch Autos geben? Vielleicht nicht mehr mit vier Rädern und Benzin-Motor, sicher aber Fortbewegungsmittel, welche die Menschen von A nach B bringen.

Wird es in 30 Jahren noch Marketingabteilungen geben? Vielleicht nicht mehr als Organisationseinheiten in der heutigen Form, sicher aber als Teilfunktion des unternehmerischen Handelns. Die besten Marketingmanager überhaupt sind, wenn er/sie denn etwas von Marketing verstehen, sowieso in der Regel der Unternehmer/die Unternehmerin selbst.

Wird es in 30 Jahren also noch Marken geben? Natürlich, wenn vielleicht auch in anderer Form, als wir diese heute kennen. Ihre Innovationszyklen könnten deutlich kürzer sein, als dies heute noch der Fall ist. Sie werden vermutlich mehr Spielraum für Individualisierung bieten und eher in flexiblen Netzwerken denn nach dem alten „One-Company-Modell“ produziert und vertrieben werden. Auf jeden Fall aber wird die Markenlandschaft noch vielfältiger sein, als sie es heute bereits ist. Es bleibt also spannend.

5. Was geben Sie Ihren Kunden?

Hoffentlich das, was auch das kostbarste Gut jeder Marke ist: Vertrauen!

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Über Dr. Christoph Herrmann

Dr. Christoph Herrmann ist Managing Partner der auf Fragen der Unternehmens-, Produkt- und Markeninnovation spezialisierten Beratungsgesellschaft hm+p Herrmann, Moeller und Partner mit Sitz in München. Mit seiner Promotionsschrift, die 1999 unter dem Titel „Die Zukunft der Marke“ im Buchverlag der FAZ erschienen ist, zählt er zu den Pionieren einer innovationsorientierten Führung von Marken. In den letzten 15 Jahren hat er zahlreiche Blue Chip Unternehmen aus den Bereichen Konsumgüter, Investitionsgüter und Dienstleistungen beraten und bei der erfolgreichen Umsetzung wichtiger Innovationsprojekte unterstützt. Er war als Gastprofessor und Dozent an verschiedenen Hochschulen tätig, u. a. an der European Business School und der Universität der Künste in Berlin. Darüber hinaus hat er zahlreiche Buch- und Fachpublikationen zu Fragen der strategischen Unternehmensführung und des Innovations-, Sortiments-, Produkt-, Marken-, Trend- und Designmanagements veröffentlicht.

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